Ich ballte beide Hände zu Fäusten. »Hör zu«, zischte ich. »Sie ist nicht abgehauen. Das würde sie nicht tun. Sie hatte keinen Grund dazu.« Das Mädchen schaute irritiert zu ihrer Freundin. »Ist ja gut! Ich mein ja nur.« Die andere stupste sie an und sagte: »Komm, wir gehen.« Ich stieß die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte. Vielleicht wussten die beiden etwas. Und an meinem Tonfall musste ich dringend arbeiten. »Wartet!« rief ich hinter ihnen her. Sie drehten sich um. »Wart ihr gestern auch hier? Habt ihr Julia gesehen?« »Ja, aber wir haben nicht mit ihr gesprochen.« »Wie seid ihr denn heimgekommen?« Die Kleinere der beiden antwortete: »Wir sind mit der 453 gefahren. Um Viertel vor neun. Aber deine Freundin ist nicht drin gewesen.« Julia hatte keine strikten Vorgaben, wann sie zu Hause sein musste. 23 Uhr hatte sich eingependelt, aber wenn es triftige Gründe gab, durfte sie auch länger ausbleiben. Es war al- so nicht weiter verwunderlich, wenn sie erst später gefahren war. »Wisst ihr noch, wer gefahren ist?« Ich biss mir vor An- spannung auf die Lippen. »Der Schwarzhaarige. Mit dem Schnauzer. Ich weiß nicht
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wie er heißt«, sagte nun die andere. »Es gibt zwei. Ich glaub, das sind Brüder. Der Willi und der Harald. Ich habe keine Ahnung, wer von den beiden wer ist, aber einer hat eine Brille – und der gestern hatte keine.« »Danke«, sagte ich und trat ans Waschbecken. Die beiden verließen Arm in Arm das Klo, während ich in einer der Kabinen verschwand, mir danach die Hände wusch und mich im Spiegel betrachtete. Meine Augen glänzten fiebrig, meine Wangen waren rot, mein Gesicht war ansonsten käsebleich. Ich hielt meine Hände unter den kalten Wasserstrahl, genoss einen Moment die Abkühlung. Draußen würde ich am Tresen fragen, ob sie ein Aspirin hatten. Es gab noch viel für mich zu tun. Diese Mädchen hatten mir tatsächlich weitergeholfen. Der Fahrer war Harald gewesen. Ich kannte ihn und Willi. Sie waren Brüder und ähnelten sich. Nicht nur äußerlich. Obwohl beide verheiratet waren, flirteten sie mit uns Mädchen auf Teufel komm raus. Mir war das immer peinlich, ja sogar unangenehm gewesen. Doch es gab genug andere, die sich bereitwillig auf dieses Spiel eingelassen hatten. Julia hatte nicht zu ihnen gehört, soweit ich wusste.
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